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Führung in der Krise: Die Rückkehr des Bottleneck-Managements?


Lars Linnekogel
22.09.2020
Lars Linnekogel
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Viele Unternehmen reagieren in der Coronakrise aktuell mit der Zentralisierung von Entscheidungen. Doch damit werden sie der nahezu täglich wachsenden Komplexität in der Unternehmensführung nicht gerecht. Die Strategieberatung TTE Strategy zeigt auf, welche Schritte Vorstände und Geschäftsführungen gehen müssen, um dezentrale Strukturen zu ermöglichen und in diesem Modell erfolgreich zu führen.

Der Reflex, beim Eintreten der Krise Entscheidungen zentral und damit schnell zu treffen, war vielfach richtig. Viele Unternehmen aus allen Branchen haben in den letzten Wochen auch öffentlich angekündigt, künftig ihre Organisation stärker zentral zu führen. Wir beobachten gerade, dass diese zentralisierte Form der Unternehmensführung aber kein reines Krisenphänomen bleiben wird, sondern sich verstetigt. Die Gefahr, die wir sehen: das gerade erst mühsam abgeschaffte und in agilere Strukturen überführte Bottleneck-Management droht zurückzukehren.

Eine einzelne Person oder ein kleines zentrales Gremium kann aber kaum adäquate Antworten auf all die Herausforderungen geben, die sich durch die ständig verändernden Rahmenbedingungen ergeben: marktwirtschaftlich, technisch, politisch, medizinisch. Wir raten Unternehmen darum, das Konzept der dezentralen Führung jetzt nicht aufzugeben – sondern effizienter zu gestalten. Das bedeutet, möglichst viele Entscheidungen auf der Unternehmensebene zu verankern, wo die größtmögliche Kompetenz für die jeweils zu entscheidende Herausforderung vorhanden ist. Und die dortigen Bereichs-, Abteilungs-, Teamleiter und sonstigen Führungskräfte zu befähigen, diese Entscheidungen selbst zu treffen.

‚Empowerment‘ wurde bisher häufig als Buzz-Word genutzt

Schon in der Vergangenheit haben Unternehmen im Kontext von ‚New Work‘-Konzepten und Veränderung in Organisation und Prozessen mit Befähigung, englisch: Empowerment, experimentiert. Wir haben vor der Coronakrise eine große Offenheit seitens der Unternehmen für diese neuen Konzepte beobachtet. Die schlechte Nachricht: in vielen Unternehmen ist Empowerment als Buzz-Word im Management Vokabular verankert, genauso wie ‚agil‘ oder ‚disruptiv‘. Nur selten wird es richtig als Management-Methode angewandt. So mancher ‚empowerte‘ Abteilungs- und Teamleiter fühlt sich genauso gefesselt wie vor der Zeit, in der sein Management diese neue Vokabel gelernt und im Führungsleitbild niedergeschrieben hat.

Das sind die sechs Schritte, um dezentrale Führung zu gewährleisten

Damit es die ‚Befähigung‘ von der Idee zur realen Umsetzung schafft, gilt es die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen. Die Strategieberatung TTE Strategy rät Vorständen und Geschäftsführungen darum, die folgenden Schritte zu unternehmen:

 

1) Identifikation der individuell richtigen Ebene, auf der künftige Entscheidungen zu treffen sind:

Was sich profan anhört, ist in der Praxis nicht so leicht zu bestimmen. Wer eine zu hohe Ebene wählt, läuft Gefahr, Entscheidungen erneut fern von Know-how und Konsequenzen aufzuhängen. Wer zu tief zielt, verliert sich in Details und Partikularinteressen, die am Ende eher zu einem ‚Flickenteppich‘ als zu einer kohärenten Antwort führen. Je nach Organisation ist ein unterschiedlicher Ansatz zu wählen. Es empfiehlt sich im Vorfeld sehr intensiv zu evaluieren und zu diskutieren, welche Entscheidungen künftig wo getroffen werden sollen.

2) Lokales ‚Empowerment‘ durch Entbürokratisierung erst möglich machen:

Nur zu verkünden, dass man nun befähigt sei, reicht nicht aus. Es müssen ganz konkrete Maßnahmen getroffen werden, um diese Befähigung auch faktisch zu ermöglichen. Dazu gehört: Budgets neu bewerten, Genehmigungsverfahren abkürzen, Reportings verschlanken. Nur wer real Bewegungsspielraum erhält, kann diesen auch nutzen.

3) Klare globale Ziele vermitteln:

Die Abgabe von Entscheidungsgewalt auf nachgeordnete Ebenen bedeutet nicht die Abgabe von Verantwortung. Und auch nicht der Verzicht auf Steuerung. Im Gegenteil: Je mehr Entscheidungen die Führung abgibt, desto klarer muss sie ihre globalen Ziele und Teilziele definieren. Und sicherstellen, dass diese auf lokale Ebene auch heruntergebrochen werden können. Dafür müssen Ziele spezifisch genug sein, um sie für die eigenen Aufgaben entsprechend anpassen zu können. Und gleichzeitig offen genug formuliert, damit Interpretation Spielraum ermöglicht.

4) Intensives Monitoring und Erfahrungsaustausch organisieren:

Hat die Delegation der Entscheidungen stattgefunden, sollten die betrauten Ebenen nicht allein gelassen werden. Die Aufgabe der obersten Führung ist es, die Entwicklungen genau zu beobachten. Und einen Erfahrungsaustausch zwischen den Regionen, Bereichen und Ebenen herzustellen, in dem Best- und Worst Cases ausgetauscht werden können.

5) Verantwortung übernehmen, ohne sofortige Rücknahme von Entscheidungskompetenz:

Damit aus Monitoring nicht allzu schnell Kontrolle wird, muss sich das Top-Management insoweit zurücknehmen, als dass es auch Fehlentscheidungen in einer gewissen Toleranzgrenze aushalten muss – und nicht sofort die Entscheidungsgewalt zurückverlegen kann. In dem Fall droht massiver Vertrauens- und Motivationsverlust. Dass es aber die letztendliche Verantwortung gegenüber allen Stakeholder-Gruppen trägt, ändert sich nicht dadurch, dass andere die Entscheidungen getroffen haben.

6) Als Sparring-Partner stets zur Verfügung stehen:

Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, muss trotz der Entscheidungsverlagerung die direkte Kommunikation weiterhin bestehen bleiben. Nur eben auf eine veränderte Art und Weise. Nicht ‚Command & Control‘ sollte im Vordergrund stehen. Sondern die Frage: Wie können wir euch als Top-Management helfen, die besten Entscheidungen zu treffen? Was können wir für euch tun, damit ihr zu optimalen Lösungen kommt?

 

 

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